Weltweit sind über 230 Millionen Frauen und Mädchen von weiblicher Genitalbeschneidung betroffen. Auch in Gambia sind die Zahlen erschreckend: Laut Schätzungen sind rund 75 Prozent der 14- bis 49-Jährigen sowie die Hälfte aller Mädchen unter 14 Jahren beschnitten. Im Jahr 2015 machte das westafrikanische Land einen grossen Schritt in die richtige Richtung und stellte die weibliche Genitalbeschneidung ausdrücklich unter Strafe.
Doch nun droht im westafrikanischen Land die Aufhebung des Verbots. Mitglieder der gambischen Nationalversammlung haben beantragt, das entsprechende Gesetz rückgängig zu machen. Ausgelöst wurde die Debatte Mitte 2023 durch die erstmalige Anwendung des Gesetzes: Drei Frauen waren zu einer Geldstrafe oder einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, weil sie an acht kleinen Mädchen Genitalbeschneidungen vorgenommen hatten. Das Urteil sorgte für grosses Aufsehen. Seit Anfang März wird nun über einen Gesetzentwurf diskutiert, der die Genitalbescheidung wieder zulässt. Als Gründe werden «religiöse Reinheit» und der «Schutz kultureller Normen und Werte» genannt. Die Gegner des Verbots argumentieren, dass mit der geltenden gesetzlichen Regelung die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zur Ausübung ihrer Kultur und Religion verletzt werden. Jedoch gibt es weder im Islam noch in anderen Weltreligionen einen schriftlichen Beleg, der die weibliche Genitalbeschneidung fordert. Das Parlament hat den Vorschlag an einen Ausschuss überwiesen, der in den kommenden Monaten darüber beraten soll.
Denise Schwegler vom Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung Schweiz bezeichnete die beabsichtigte Aufhebung des Verbots bei 20 Minuten als «fatales Signal für alle betroffenen Mädchen und Frauen». Anstrengungen der Zivilgesellschaft würden hiermit zunichte gemacht.